12. Juli 1967: Geschäft mit echtem Falschgeld

12.7.2017, 07:00 Uhr
12. Juli 1967: Geschäft mit echtem Falschgeld

© NN

Das Geschäft mit dem echten Falschgeld blüht: immer mehr ausländische Gäste werden bei dem gefährlichen Spiel ertappt und angezeigt. Wenn auch die meisten Täter unerkannt über die Grenze fahren, so wird doch das gesamte Ausmaß des Schadens deutlich. Er zeigt sich in den blechernen Kassen der stummen Verkäufer, die manchmal mit Geldstücken der „Ceskoslovenska Socialisticka Republika“ prall gefüllt sind.

12. Juli 1967: Geschäft mit echtem Falschgeld

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Die erstaunliche Wirkung ihrer Landeswährung in deutschen Automaten hat sich unter den Reisenden schnell herumgesprochen. Die Bahnpolizei und die Geschäfte am Hauptbahnhof können ein Lied davon singen. Vor allem, wenn um 10.52 Uhr der Schnellzug Frankfurt–Prag einrollt und knapp 20 Minuten bis zur Weiterfahrt wartet, häufen sich die Delikte. „Viele Touristen huschen durch die Sperren“, erzählt Amtmann Herbert Jorde, „schauen, ob die Luft sauber ist und stürzen sich dann auf die Automaten“. Der Leiter der Bahnpolizei hat die Erfahrung gemacht, daß die Besucher meist erst auf dem Heimweg den Trick anwenden. „Auf der Hinfahrt trauen sie sich das nicht, weil sie befürchten, daß sie vorzeitig abgeschoben werden können.“

Finanzamt soll Schaden anerkennen

Geschäftsleute und Verkäuferinnen sind durch Schaden klug geworden. „Wir passen auf wie ein Luchs“, gesteht die Inhaberin eines Waschsalons, die in den vergangenen Wochen und Monaten bereits zwanzig Touristen auf frischer Tat ertappt hat. Hohe Verluste zwingen sie zur Vorsicht: in einem Plastikbeutel hat sie 400 Kronenmünzen aufbewahrt – die „Beute“ aus einem einzigen Automaten. Die ungebetenen Kunden bedienen sich großzügig: eine Packung Zigaretten für 25 Pfennig, ein Paar Damenstrümpfe für ganze fünfzig Pfennig.

Mit dem ausländischen Geld, das mit kummervollen Mienen aus den Automaten gefischt wird, kann niemand etwas anfangen. „Das Hartgeld tauscht keine Bank um“, bedauert eine andere Geschäftsfrau, die das Unangenehme mit dem Nützlichen verbinden und im nächsten Jahr ihren Urlaub in der Tschechoslowakei verbringen will. „Dann werde ich die Dinger los“, lacht sie, „und ich habe einen Teil des Verlustes ausgebügelt“. Im übrigen will sie versuchen, daß der Schaden vom Finanzamt anerkannt wird.

Das lukrative Geschäft hat inzwischen bereits zu Konsequenzen geführt. Im Hauptbahnhof versah ein Zigarettenhändler seinen Automaten mit einem nicht zu übersehenden Schild: „Wegen Mißbrauchs gesperrt.“ Die Bundesbahn zog ebenfalls Konsequenzen. Sie ließ einen Teil ihres Geldwechslers an der Hauptsperre blockieren: dort kann man jetzt nur noch 50-Pfennig- und Zweimarkstücke in Groschen umtauschen. Der Schlitz für die Markmünzen ist für immer zu …

Bei anderen Automaten wurde die Feineinstellung geändert, was jedoch nicht bei allen Geräten technisch möglich ist. Trotzdem: tschechische Kronen stecken regelmäßig in den Geldröhren und verhindern dann die Warenausgabe, wenn deutsches Geld eingeworfen wird.

Haftgründe nicht gegeben

Aber nicht nur im Hauptbahnhof, auch in der Stadt füllen sich Automaten mehr und mehr mit dem ausländischen Geld. Erst vor ein paar Tagen wurde nachts ein Tscheche gefaßt, der sich auf diese Weise sechs Packungen Zigaretten zugelegt hatte. Er gehörte zu einer Handballmannschaft, die einige Spiele in Holland absolvierte und auf der Heimreise einen kleinen Zwischenaufenthalt in Nürnberg einlegte.

Das Risiko, das die Diebe eingehen, ist nicht allzu groß. Bestätigt die Kriminalpolizei: „Wir müssen die meisten bald wieder laufen lassen, weil nur selten Haftgründe gegeben sind.“ Die geprellten Geschäftsleute haben kein Verständnis dafür, wenn sie Täter auf frischer Tat ertappen, sie anzeigen und später die lapidare Mitteilung erhalten: „... das Verfahren ist wegen Geringfügigkeit eingestellt ...“

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